friedlich
krieg
Da sitzt sie, die Krone der Schöpfung. Die höchst entwickelte Spezies. Von Gott beauftragt, vom Geist inspiriert oder Resultat von 4 Milliarden Jahren stetiger evolutionärer Weiterentwicklung. Die Menschheit, selbst gottgleich, schöpferisch und immer dem Fortschritt zugewandt, künstlerisch, athletisch, forschend, optimierend, vernetzt. Und bewundert sich selbst, besucht ferne Planeten, kreiert digitale Welten, automatisiert und glaubt an sich, an die Kraft der Veränderung, an das ewige Leben, an das hier und jetzt und die Liebe, und die Freiheit und das Recht.
Da sitzt sie, die Krone der Schöpfung. Die höchst entwickelte Spezies. Von Gott beauftragt, vom Geist inspiriert oder Resultat von 4 Milliarden Jahren stetiger evolutionärer Weiterentwicklung. Die Menschheit, mit verstümmelten Beinen, verbrannten Gesichtern, ausgehungert, in Trümmerhaufen verblutend, in Massengräbern gestapelt oder systematisch vergast. Männer, Frauen, Kinder, Alte, Junge. Von Bomben zerfetzt, von Kugeln ausgelöscht, der Würde beraubt und zu leben verwehrt. So sitzt Sie da, die ach so überlegene Menschheit, im Staub der Geschichte. Desillusioniert, traumatisiert, zerstört auf Generationen.
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friedlich
krieg
Da sitzt sie, die Krone der Schöpfung. Die höchst entwickelte Spezies. Von Gott beauftragt, vom Geist inspiriert oder Resultat von 4 Milliarden Jahren stetiger evolutionärer Weiterentwicklung. Die Menschheit, selbst gottgleich, schöpferisch und immer dem Fortschritt zugewandt, künstlerisch, athletisch, forschend, optimierend, vernetzt. Und bewundert sich selbst, besucht ferne Planeten, kreiert digitale Welten, automatisiert und glaubt an sich, an die Kraft der Veränderung, an das ewige Leben, an das hier und jetzt und die Liebe, und die Freiheit und das Recht.
Da sitzt sie, die Krone der Schöpfung. Die höchst entwickelte Spezies. Von Gott beauftragt, vom Geist inspiriert oder Resultat von 4 Milliarden Jahren stetiger evolutionärer Weiterentwicklung. Die Menschheit, mit verstümmelten Beinen, verbrannten Gesichtern, ausgehungert, in Trümmerhaufen verblutend, in Massengräbern gestapelt oder systematisch vergast. Männer, Frauen, Kinder, Alte, Junge. Von Bomben zerfetzt, von Kugeln ausgelöscht, der Würde beraubt und zu leben verwehrt. So sitzt Sie da, die ach so überlegene Menschheit, im Staub der Geschichte. Desillusioniert, traumatisiert, zerstört auf Generationen.
Wenn wir über KRIEG nachdenken wollen, wirklich über KRIEG nachdenken wollen, dann lasst uns als erstes dieses Wort an sich überwinden, dieses so nichtssagend gewordene Wort. Lasst es uns stattdessen als das bezeichnen was es wirklich ist: Organisierter Mord. Organisierter Totschlag. Organisierter Raub. Organisierte Unterdrückung. Organisierte Vertreibung im Auftrag einer menschlichen Gemeinschaft gegenüber einer anderen menschlichen Gemeinschaft. Wird eine schlechte Sache zu einer guten Sache, allein dadurch, dass sie von mehreren beschlossen wurde?
Da sitzt sie, die Krone der Schöpfung. Die höchst entwickelte Spezies. Von Gott beauftragt, vom Geist inspiriert oder Resultat von 4 Milliarden Jahren stetiger evolutionärer Weiterentwicklung. Du Menschheit, und ihre parlamentarischen Vertreter. In Anzug und Mandat gekleidet heben sie ihre demokratisch legitimierten Hände. Stimmen für militärische Haushalte, für Auslandseinsätze des Heeres, für Rüstungsexporte, im Namen der Sicherheit, im Namen der Selbstverteidigung. Wann fangen wir an diese Worte wirklich zu hören? Menschen bestimmen über den Tod und das Sterben von Menschen. Dann gehen sie schön was Essen, legen sich in ihre seidene Bettwäsche und schlafen den Schlaf der Gerechten.
14400 Kriege mit 3,5 Milliarden Toten im Verlauf der Menschheitsgeschichte sind nackte Zahlen. Die können mich nicht wirklich erschrecken. Was mich wirklich erschreckt ist die Akzeptanz von politisch organisierter Gewalt als legitimes Mittel zur Lösung von Konflikten zwischen Ländern/Nationen. Ist Sklaverei legitim, weil es sie schon immer gab? Ist Krieg legitim, weil es ihn schon immer gab? Wir diskutieren über die weltweite Abschaffung der Todesstrafe, über die Grenzen von Sterbehilfe und die der Abtreibung, im Namen des LEBENS, aber akzeptieren KRIEG als Mittel politischen Handelns?
Da sitzt sie, die Krone der Schöpfung. Die höchst entwickelte Spezies. Von Gott beauftragt, vom Geist inspiriert oder Resultat von 4 Milliarden Jahren stetiger evolutionärer Weiterentwicklung. Die Menschheit, und tüftelt an neuen Waffen, noch effektiver, noch genauer und noch tödlicher. Mit glänzenden Augen berichten die Wissenschaftler von den neuesten Früchten ihrer Forschung, finanziert durch staatliche Investitionen, finanziert im Namen des Friedens. Kampfdrohnen, Cyberwar, Military-Robotics, wir öffnen diesen Begriffen die Türen zu unserem Wortschatz, denn sie sind hier um zu bleiben. Niemand investiert Milliarden in Früchte, um sie im Keller verrotten zu lassen.
Da sitzt sie, die Krone der Schöpfung. Die höchst entwickelte Spezies. Die Menschheit, weiß Sie was Krieg ist? Ich kenne Krieg verpackt in Filme und verpackt in Videospiele, produziert für meine Unterhaltung, wenn der Frieden dort draußen langweilt. Ich kenne Krieg als Kapitel in meinen Geschichtsbüchern, als Daten auswendig gelernt und dann wieder vergessen. Ich kenne Krieg als die monotone Stimme des Tagesschau Sprechers, Opferzahlen verkündend, die mich nicht berühren. So vergesse ich sie, wie die Geschichtsdaten. Und die Bilder in den Nachrichten fangen an, mit denen der Filme zu verschwimmen. Aber Krieg ist keine Unterhaltung, kein Spiel und Krieg ist erst recht keine Vergangenheit.
Da sitzt sie, die Krone der Schöpfung. Die höchst entwickelte Spezies und fragt sich: Wann ist endlich Schluss mit der Schuldfrage, Schluss mit der Aufarbeitung? Andere Länder, andere Völker sind schließlich auch nicht besser. Nenn mich einen Mörder, aber mein Nachbar ist auch einer.
Ich tat doch nur was man mir sagte. Was hätte ein Einzelner denn schon ändern können? Ja, das Böse wird banal wenn eine Gesellschaft wegschaut, wenn staatlich organisierte Gewalt die Oberhand gewinnt über menschliche Vernunft.
Da sitzt sie, die Krone der Schöpfung und feiert sich selbst. Tötet von Gott beauftragt oder tötet um zu überleben. Tötet für Lebensraum und Rohstoffe, tötet für Ansehen und Macht und tötet doch sich selbst. Vermutlich gibt es in allen Galaxien, in allen Äonen keine so hoch entwickelte Spezies die nur durch eine Entwicklung übertroffen wird: die menschliche Selbstüberschätzung. Nichts scheint mir im Angesicht der Legitimierung staatlich organisierter Gewalt so absurd wie die Menschheit.
Staatlich organisierte Gewalt das ist Zerstörung und wenn es schon staatlich organisierte Gewalt geben muss, dann erkläre ich hiermit dem Krieg den Krieg. Dafür will ich eintreten, dafür will ich meine Stimme abgeben, auszulöschen was uns auslöscht. Und so breite ich meine Arme aus, trete mutig Dir dem Krieg entgegen und Umarme dich. Kleide dich, du lärmende, polternde, hässliche Gestalt und schaffe Stille. Kleide dich in Tugend und Freundschaft. Und fordere Dich auf, Menschheit, dasselbe zu tun. Bedecke Deine rohe, unterentwickelte, niedere Gestalt und hilf Dir selbst, dich wirklich endlich aufzurichten. Den Blick zu heben hinauf zur Vernunft und hinauf zur wirklichen evolutionären Entwicklung.
Du Menschheit wärst geheilt nicht nur vom Krieg, von politisch organisierter Gewalt, sondern hättest dich wirklich weiterentwickelt. Und wärst geheilt auch von aller Selbstüberschätzung und würdest der glänzend helle Stern am Firmament: als ewiges Symbol der Umwandlung des niederen in das höhere Selbst.